Wenn sich Erfolge zeigen

Im Jahr 2017 offenbarte mir der Neurologe eine Diagnose: idiopathische Polyneuropathie.

„Aha.“, dachte ich.

Runtergebrochen ist eine Polyneuropathie eine Störung der Nervenleitfähigkeit. Verbunden mit Kribbeln, Engegefühl, Missempfindungen. Meist in den Enden der Extremitäten beginnend und sich im Laufe der Zeit weiter fortsetzend. Oft, in späteren Stadien, mit Schmerzen verbunden. Und besonders, wenn es die Beine betrifft, mit Gangunsicherheiten und Sturzgefahr einhergehend. Insgesamt also, wenn sie richtig ausbricht, eine Krankheit, die man nicht braucht und nicht haben möchte.

Auf die Diskussion, dass „idiopathisch“ so etwas wie „ohne bekannte Ursache“ oder „von selbst auftretend“ bedeutet und ich das so nicht hinnehmen könne, denn schließlich hätte alles und jedes eine Ursache, ließ er sich nicht ein. Ich habe schon einmal darüber geschrieben (HIER), deshalb will ich es an dieser Stelle erst einmal gut sein lassen.

Und so kann ich nun mein Versprechen einlösen und an der Stelle fortfahren, an der ich beim letzten Mal abschloss.

Mit „idiopathisch“ würde ich mich nicht zufrieden geben. Das stand fest. Alles hat eine Ursache. Selbst der Urknall. Oder was auch immer am Anfang stand. Ist für mich logisch, weil unsere physikalische Welt so funktioniert. Nach bisherigem Kenntnisstand.

Also wo konnten die Ursachen für meine kribbelnden Beine stecken?

Der Knackpunkt war, dass man dies nur herausfinden würde, wenn man intensivst weiterforschte. Doch die Kosten würde keine Krankenkasse übernehmen. Hie und da eine Behandlung gegen die Symptome, vielleicht auch mal ein paar Schmerzmittel. Mehr durfte ich nicht erwarten.

Folglich kam Doktor Internet zum Zuge. Viele Quellen, viele Informationen. Durchaus auch widersprechend. Was sollte ich glauben?

Um dennoch einigermaßen auf Nummer Sicher zu gehen, machte ich mich auf ein kleine Arztodyssee. Letztendlich konnten Diabetes, Rheuma und Wirbelsäulenschäden ausgeschlossen werden. Ebenso Durchblutungsstörungen durch verstopfte Venen. Demnach auch von meiner Seite erst mal: idiopathisch. Nichts genaues weiß man nicht.

Das Kribbeln war nun auch keine arg große Belastung. Ich konnte immer noch laufen und stehen. Manchmal nervte es und – wie schon beschrieben – liess ich es noch ein paar Jahre links liegen.

Anfang 2023 hatte ich offenbar wieder mal mehr Zeit, der Kopf suchte sich eine neue „Aufgabe“ und es begann erneut zu nerven. Also noch mal die kleine Ärtzterundfahrt. Diesmal mit einem anderen Neurologen, denn der „alte“ hatte mich bereits aus den Akten gestrichen. War zu lange nicht bei ihm. Ich brachte keinen Beitrag mehr zur Gemeinkostendeckung. 😉 Konnte ich verstehen.

Letztendlich wieder dieselbe Prozedur: Nervenleitgeschwindigkeit messen, Reflexe untersuchen, Blutbild. Auf eine Lumbalpunktion (Nervenwasserentnahme) habe ich dann allerdings verzichtet. Das war mir auch nicht besonders geheuer. Bisschen Schiss ist schon mal erlaubt. Aber für den Doc war das ok, denn bei meinem Beschwerdegrad wäre es nur eine Untersuchung „zur Vorsicht“, von der er im Grunde genommen aber keine neuen Erkenntnisse erwartete. Erleichterung bei mir.

Fazit: Wir behalten das erst mal im Auge, untersuchen alle 6 Monate und wenn es schlimmer wird, soll ich schon vorher kommen. – Einverstanden.

Da alles mehr oder weniger beim Alten blieb, war ich beruhigt und konnte nun „meine Therapie“ angehen.

Zu der Zeit stieß ich auf die Anwendungen von Liebscher & Bracht. Diese beiden Youtube Stars, Ärztin und Physiotherapeut, waren und sind intensiv in Sachen Schmerztherapie, Dehnung und Faszien unterwegs. Zudem fand ich in Wolfsburg noch einen Physiotherapeuten, der nach dieser Methode und auch als Kinesiologe tätig war. Kurz vor dem Ruhestand. Bisschen raubeinig. Aber mit echter Ahnung und einem Leben voller Erfahrung. Der brachte meinen Luxuskörper erst einmal grundsätzlich wieder auf die Reihe. Was der alles an Blockaden und Verspannungen aufspürte und durch Übungen und Maßnahmen löste: sagenhaft!

Es gab dabei aber einen ganz besonderen Kniff. Diesen Kniff sollte jeder anwenden, der in eine physiotherapeutische Praxis geht. Die sechs mal verordnete Therapie kannst du echt in der Pfeife rauchen, wenn du nicht selbst zu Hause die ganzen Übungen machst. Zwischen den Terminen. Und hinterher aus Eigeninitiative.

Das tat ich.

Nach jeder Behandlung schrieb ich mir die Übungen auf und führte sie täglich um 11.30 Uhr auf meiner Gymnastikmatte aus. Diszipliniert und stetig. Danach gab es Mittagessen. Die Übungen des Therapeuten ergänzte ich mit Übungen von Liebscher & Bracht. Leute ich sage euch, die ersten Wochen waren hart. Jede Übung tat weh. Muskeln, Sehnen. Alles verspannt, verkürzt. Gruselig!

Aber diese Schmerzen ließen sich mit guter Atmung aushalten und sie wurden jeden zweiten Tag weniger. Nach relativ kurzer Zeit zog ich mein Trainingsprogramm mit links durch. Und immer bis zum Anschlag. Etwas, dass ich einige Wochen zuvor nicht für möglich gehalten hatte. Es machte zudem noch Spaß und wurde zu einer guten, täglichen Routine.

Das war eine Maßnahme.

Die anderen Maßnahmen wurden ebenfalls zu Routinen. Irgendwo hatte ich gelesen, dass Nerven „normalerweise“ nicht nachwachsen können. Können sie aber doch. Dauert nur. Und bedarf noch einiger anderer Dinge. Zu denen komme ich noch. Im Grunde genommen handelt dieser ganze Blog von diesen Maßnahmen und meinem Weg in Richtung Heilung.

Jedenfalls tauchte das Thema Bewegung bei meinen Recherchen und in den Gesprächen mit meinem Physiotherapeuten immer wieder auf. Schien mir auch logisch. Muskeln muss ich trainieren, damit sie erhalten bleiben und wachsen. Das musste mit Nerven und Venen auch irgendwie gehen. Der Körper ist doch grundsätzlich in der Lage, sich an seine Umgebung anzupassen. Demnach schien es mir richtig, ihn genau dort zu fordern, wo der Schuh drückte. In Sachen Bänder und Faszien hat es mit dem Gymnastik schließlich auch geklappt.

Eine Übung war an die Lagerungsprobe nach Ratschow angelehnt. Man liegt auf dem Rücken. Die Beine mit den Waden auf einem Hocker aufgelegt. Oberschenkel und Rücken bilden einen 90 Grad Winkel. Der Rücken liegt flach ohne Hohlkreuz auf dem Boden. Mit meinem Klavierhocker klappte das sehr gut.

Sobald man so liegt, werden die Hände seitlich auf dem Boden abgelegt und dann werden die Füße vom Kopf weg bewegt. So als wolle man sich auf die Zehenspitzen stellen. Diese Bewegung geht „bis zum Anschlag“. Schön gemächlich, keinesfalls ruckartig. Danach werden die Füße in Richtung Schienbein angewinkelt. Wiederum bis zum Anschlag. Dann das Ganze von vorne. Füße weg vom Körper. Füße Richtung Schienbein. Einmal weg und wieder ran zählt einmal. Die ganze Übung bis zu 200 mal ausführen.

Die erste Zeit schaffte ich an guten Tagen 50 mal. Danach brannten meine Waden wie Feuer. Aber ich hielt durch. Nach kurzer Zeit waren 200 Durchgänge zum Standard geworden. „Eigentlich“ dient diese Art der Übung zur Beurteilung der Durchblutung in den unteren Extremitäten. Wie schnell schmerzt es? Wie schnell werden die Füße blass? usw. Bei mir spielte das keine Rolle, denn während meiner Ärzterundfahrt wurden auch meine Venen gemessen und für „durchgängig“ befunden. Mir ging es bei der Übung um die allgemeine Bewegung, die Durchblutung, das „etwas tun“. „Use it or loose it“ (Benutze es oder du wirst es verlieren) heißt es in der Biologie. Muskeln, die du nie benutzt, verkümmern. Muskeln, die du trainierst, wachsen. (Das gilt in meiner Wahrnehmung auch für den Muskel „Gehirn“ 😉 )

Na jedenfalls merkte ich, dass sich etwas in meinen Waden tat. I-r-g-e-n-d-w-i-e wurde das Kribbeln weniger. Ob es nun an den Übungen von Liebscher & Bracht lag, an der Übung nach Ratschow oder daran, dass ich mit dem „Laufen“ begonnen hatte, weiß ich nicht. Ich vermute, es war eine Mischung aus Allem. Zum Thema „Laufen“ und wie ich damit begonnen habe, werde ich an anderer Stelle berichten.

Hatte ich zu Beginn meiner „Behandlung“ noch kribbelnde Beine von den Füßen bis hinauf über das Knie, so war dieses Kribbeln irgendwann auf „Söckchenhöhe“, als kurz oberhalb des Knöchels hinabgesunken. Für mich war das ein voller Erfolg!

Der nächste Besuch beim Neurologen zum „im Auge behalten“ war besonders. Schon bei der Nervenleitmessung spürte ich, dass da etwas anders geworden war. Es zwickte und piekte viel mehr, als beim letzten Mal. Ich hatte so eine Ahnung…

Später beim Arzt, der sich die Werte zwischenzeitlich angeschaut hatte, kam seinerseits die sichtlich erstaunte Aussage, meine Werte hätten sich signifikant verbessert. Das sei doch eine erfreuliche Entwicklung.

Meiner (bewusst provozierenden) Frage, dass dies doch gar nicht möglich sein solle, wich er aus. Ja, das könne schon mal vorkommen. Wir schauen in vier Monaten wieder darauf.

Keine Frage, ob ich irgendetwas gemacht hätte oder so. Medikamente hatte ich ja nicht verschieben bekommen. Für den Doc musste sich doch die Frage stellen, wie so etwas denn möglich wäre. Fragte er aber nicht. Ich sagte ebenfalls nichts dazu, freute mich einfach, dass es objektiv prüfbar besser geworden war, dankte Gott und zog von dannen.

Für mich stand einfach nur fest: da geht IMMER was! Also hieß es dranbleiben, weitermachen und zusätzlich weiterschauen, was noch möglich ist. Egal was die Schulmedizin dazu sagt. Oder Ohren und Augen verschließt, wenn etwas geschieht, das „eigentlich“ nicht geschieht. Dazu haben sie vermutlich gar keine Zeit. Oder Lust. Oder… ich weiß es nicht.

Ich werde berichten.

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