Ich gehöre mittlerweile zu der Generation Ü 60. Ich finde das gar nicht schlimm. Denn ich fühle mich längst nicht so alt, wie ich auf dem Papier bin.
Und dennoch, wenn ich mich in der Welt umschaue, gibt es eine ganze Reihe Menschen, deren Leben fast ausschließlich um Krankheiten zu kreisen scheint. Ganz besonders, wenn ich sie dann immer von “meinem Rheuma” oder “meinem Bandscheibenvorfall” und so weiter hören rede, fasse ich mir innerlich an den Kopf.
An dieser Stelle denke ich anders als andere Menschen. Das weiß ich. Aber wenn mich ein Zipperlein plagt, dann ist das doch nicht mein Zipperlein. Für mich ist es dann ein Rheuma, ein Bandscheibenvorfall, ein zu hoher Blutdruck. Das ist nicht meins. Das alles gehört doch nicht zu mir! Rheuma gehört nicht zum Körper. Und zu hoher Blutdruck auch nicht. Im Grunde genommen gilt das für alle Krankheiten. Knochenbrüche ausgenommen. Klar. Doch viele Dinge, die uns belasten, sind überwiegend “nur” Symptome von Ursachen.
Ein zu hoher Blutdruck hat immer eine Ursache. Kopfschmerzen haben eine Ursache. Wenn ich nicht mehr gelenkig bin, mich nicht mehr richtig bewegen kann, dann hat das eine Ursache. Wahrscheinlich siehst du schon, worauf das Ganze hinausläuft. Ich bin nämlich der Meinung, dass unsere (Schul-)medizin, unser Gesundheitssystem, sich viel zu sehr mit der Bekämpfung von Symptomen befasst. Bitte nicht missverstehen: Es gibt viele für den Menschen sehr unangenehme Symptome, die natürlich behandelt werden müssen. Starke Schmerzen = Schmerzmittel. Verspannter Rücken = eventuell eine Cortisonspritze. Und so weiter.
Nur leider sehe ich immer wieder Menschen, die danach stehen bleiben. Und dabei schließe ich Ärzte mit ein. Der Patient kommt und klagt über Symptome. Er ist krank und möchte Hilfe. Die Empfehlung des Arztes, sich gesünder zu ernähren, mehr zu schlafen oder sich mehr zu bewegen, will niemand hören. Das Problem ist jetzt da. Es muss jetzt eine Lösung her. Der Arzt, gefangen im System, weiß das grundsätzlich auch, dennoch versucht er dann eine schnelle Diagnose zu erstellen und hat in der Regel auch die passende Pille, die richtige Salbe für die Bekämpfung der Symptome parat. Unter Zeitdruck geht das auch gar nicht anders. Draußen wartet die nächste Patientin, die sofortige Heilung erwartet. Außerdem sind die sieben Minuten, die er pro Patient von den Kassen bezahlt bekommt, eh schon überschritten. Zeit bleibt nicht übrig, um sich der Ursache der Krankheitssymptome zu widmen.
Ich will niemanden einen Vorwurf machen. Wir können über jeden Arzt, jede Ärztin froh sein, die noch eine Praxis eröffnen, um kranken Menschen zu helfen. Die Fehler im System sind vielschichtig und ich werde sie an dieser Stelle auch nicht lösen können. Aber wir dürfen sie auch auf keinen Fall ignorieren!
Im Nachhinein bin ich sehr froh darüber, dass ich während meiner beruflichen Laufbahn mit Programmierung zu tun hatte. Das lehrte mich anders zu denken, als das, was ich gerade beschrieben habe. Wenn in einem Programm ein Fehler auftritt (Symptom), dann bin ich natürlich darum bemüht, diesen Fehler auszumerzen. Das werde ich aber nur hinbekommen, wenn ich seine Ursache herausfinden kann. Irgendwo im Programmcode ist eine Stelle, die bei bestimmten Verarbeitungskonstellationen zu einem Fehler führt. Ich werde diese Symptome also nur durch Beseitigung der Ursachen beheben können. In der Programmierung ist es gar keine Frage, so und nicht anders vorzugehen. Nur mit dem menschlichen Körper gehen wir anders um.
Genau dieses Prinzip der Ursachenbekämpfung versuche ich bei mir selbst anzuwenden.
Wenn ich Rückenschmerzen habe, dann mache ich mir eine Wärmflasche. Im schlimmeren Fall nehme ich eine Schmerztablette. Doch dann bleibe ich nicht stehen. Wenn mein Rücken instabil ist, muss ich dafür sorgen, dass er stabiler wird. Ist doch ganz klar.
Was heißt das? Stärkung der Muskulatur rund um die Wirbelsäule. Rückenmuskeln Bauchmuskeln alles was dazugehört. Muskeln stützen und stärken. Eine Wirbelsäule, die in ihnen gut eingepackt ist, kann eine ganze Menge aushalten. Dieses Stärken funktioniert natürlich nicht, indem ich dreimal Krankengymnastik verordnet bekomme. Ich muss meinen Hintern zusätzlich selbst hochnehmen. Bei der Krankengymnastik lerne ich Übungen. Es reicht aber nicht aus, diese einmal pro Woche beim Physiotherapeuten durchzuführen. Ich muss sie verinnerlichen. Ich muss sie selber regelmäßig zu Hause ausführen. Nur dann werde ich die Stärkung der Muskulatur hinbekommen. Und kann damit die Ursachen meiner Rückenschmerzen bekämpfen.
Das ist natürlich nur ein Beispiel. Ich kann das auf ganz viele sogenannte “Krankheiten” übertragen. Sobald ich die Ursache erkannt habe, kann ich auch gegen sie vorgehen. Ja, manchmal geht das nur mit einer Operation. Aber wie oft ist so etwas tatsächlich notwendig? Und selbst dann frage ich mich: Wäre eine Operation vermeidbar gewesen? Hätte eine gesündere Lebensführung, die Gallenblase mehr geschont und retten können?
Meine Erfahrung, gerade der letzten Jahren, zeigt mir, dass ich mit dieser Einstellung auf dem richtigen Weg bin. Symptombekämpfung ist gut und sinnvoll. Aber viel sinnvoller ist es, die Ursachen herauszufinden und zu beseitigen.
Und darum beschäftige ich mich viel lieber mit Gesundheit (Gesunderhaltung) als mit Krankheit.